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Interview: alpintreff.de mit Thomas Heil über das Thema Canyoning im Allgäu

Canyoning: Aufregende Schluchten – aber sicher!


Thomas Heil hat eine Menge Qualifikationen. Er ist Höhenretter, Schluchtenführer, Hochseilgarten-Trainer, Skilehrer und Rafting Guide. Mit Canyoning-Tour Allgäu hat er sein Hobby zum Beruf gemacht und bietet zusammen mit einem Team Canyoning-Touren im Allgäu, Tirol und Vorarlberg an. Was seinen Beruf so adrenalinlastig und aufregend macht, hat er uns verraten.


alpintreff.de: Lieber Thomas, danke, dass Ihr uns für einige Fragen zur Verfügung steht. Ihr bietet Canyoning-Touren im Allgäu, Tirol und Vorarlberg an. Fangen wir vorne an. Was ist Canyoning?


Thomas Heil: In seinem Kern ist Canyoning das Begehen einer Schlucht mithilfe verschiedener Fortbewegungsweisen und -techniken. Vom Gehen über Schwimmen, Rutschen und Springen bis hin zum Tauchen, Klettern und Abseilen, ist beim Canyoning alles dabei. Und sogar eine Seilrutsche oder Seilbrücke wird gelegentlich gespannt. Highlight vieler Touren sind die Wasserfälle, die zusammen mit ihren Wasserbecken überwunden werden. Auch Höhlen und große verklemmte Felsblöcke können weitere „Schlüsselstellen“ sein.

In aller Regel folgt man dabei (wenn möglich) dem Verlauf des Wassers in der Schlucht. Im engeren Sinne spricht man nur dann vom Canyoning, wenn auch tatsächlich ein Gewässer durch die Schlucht fließt, man diesem Gewässer flussabwärts folgt und die Schlucht ein deutliches Gefälle hat. Je üppiger es sprudelt und je reißender der Gebirgsbach, desto abenteuerlicher und adrenalinträchtiger ist das Erlebnis. Da Canyoning immer im Team betrieben wird und gegenseitige Hilfe und Vertrauen eine große Rolle spielen, ist auch das daraus resultierende Gemeinschaftsgefühl ein tolles Erlebnis.


Dennoch geht es beim Canyoning nicht nur um Action und Gruppenerlebnis, sondern auch um wilde Natur und die ungewöhnliche Perspektive auf die Landschaft. Die raue Unberührtheit mancher Schluchtenlandschaften ist sogar für viele der wichtigste Faktor.


Rutschen gibt es auch schonmal beim Canyoning. // Foto: Canyoning-Tour Allgäu


Das klingt nach echter Leidenschaft. Wie kamt Ihr auf die Idee, aus Hobby Beruf zu machen? Welche Voraussetzungen bringt Ihr mit?


Ich kann jetzt nur von mir sprechen: Ich war schon immer ein „Naturbursche“. Aufgewachsen in einer Berg/Ski Familie wurde mir das Interesse am Outdoorsport sozusagen in die Wiege gelegt.

Die meisten von uns haben einen „normalen“ Beruf gelernt, bei mir war es der Beruf Maurer. Da ich in dem Beruf nie glücklich wurde, hab ich mich neu orientiert. Ich habe angefangen, im Allgäu als Skilehrer zu arbeiten und gemerkt, dass ich gerne mit Menschen arbeite. Dabei bekommt man schnell Kontakt mit anderen Outdoor-“Verrückten“ und so dauerte es nicht lang bis zu meiner ersten Canyoning und Rafting-Tour. Das hat mir so Spaß gemacht, dasd ich mich als Quereinsteiger bei einem Outdoor-Anbieter beworben habe. Im Laufe der Zeit habe ich mehrere Ausbildungen absolviert, wie beispielsweise Canyoning-Guide, Rafting-Guide, Skilehrer und Hochseilgarten-Trainer. Und nun bin ich schon über 10 Jahre im Geschäft. Für mich gibt es nichts Besseres als das Hobby zum Beruf zu machen, das ist pure Lebensqualität. Oft habe ich Arbeitstage, an denen ich auf die Uhr schaue und denke:

Schade, ich muss so langsam Feierabend machen“. Thomas Heil über seine Leidenschaft für seine Aufgabe als Canyoning-Führer

Ich glaube nicht, dass es viele Menschen gibt, die so über ihre Arbeit denken.


Wünschenswert ist es für jeden, so über seinen Beruf sprechen zu können. Kann jeder Canyoning ausprobieren? Ist das auch für Kinder etwas?


Im Prinzip kann jeder Canyoning ausprobieren. Die Teilnehmer sollten ein klein wenig Sportlichkeit mitbringen, da bei vielen Touren auch ein kleiner Aufstieg zu bewältigen ist. Außerdem sollten sie schwimmen können und keine ausgeprägte Höhenangst haben.

Wir bieten auch eine Kinder-Canyoning-Tour ab sechs Jahren an. Die einzige Voraussetzung ist, dass Schwimmkenntnisse vorhanden sind. Diese Tour wurde extra für Familien mit kleineren Kindern entwickelt. Frei nach dem Motto „alles kann, nichts muss“ können sich die Kinder ausprobieren und austoben. Bei der Kinder-Tour kann jeder Spot umgangen werden, auch von „ängstlichen“ Vätern oder Müttern.

Es ist schwer zu glauben, aber unsere Erfahrung zeigt, dass die Kleinsten oft die Mutigsten sind beim Canyoning.


Es ist nur Wasser! Kinder haben häufig viel Spaß beim Canyoning. // Foto: Canyoning-Tour Allgäu



Welche Tour empfehlt Ihr Anfängern, welche den Fortgeschrittenen?


Wir haben für Einsteiger verschiedene Touren im Angebot. Die einfachste Einsteiger-Tour findet in Tirol in den Stuibenfällen statt. Das ist eine relativ offene Schlucht, in der wir auch jede Actionstelle umgehen können. Also perfekt um sich auszuprobieren.

Mit ein bisschen Konditionstraining kann sich jeder auf eine sportlichere Einsteiger-Tour vorbereiten, wie z. B. Merlins World in Vorarlberg.

Ansonsten haben wir für jedes Level entsprechende Touren im Angebot. Mit Canyoning-Begeisterten oder „Wiederholungstätern“, die den besonderen Kick suchen, gehen wir gern in den Strindenbach in Tirol. Das ist eine sehr abgelegene Schlucht, in der wir garantiert nicht auf andere Gruppen treffen. Dafür müssen wir uns die Schlucht erst durch einen längeren Aufstieg erarbeiten, bevor es ins Wasser geht.


Wir finden für jeden Teilnehmer in einem persönlichen Beratungsgespräch die passende Tour. Die persönliche Beratung ist uns sehr wichtig, damit niemand über- oder unterfordert wird.



Das ist doch sicherlich nicht ganz ungefährlich. Wie setzt Ihr das Thema Sicherheit um? Macht Euch die Natur oder das Wetter schonmal einen Strich durch die Rechnung?


Canyoning wird häufig als Extrem-Sportart eingeschätzt, wie aber bei fast allen Sportarten, kann Canyoning auf einem sehr sicheren Level betrieben werden.

Ein Canyon sollte nicht auf eigene Faust begangen werden, da Canyoning ein spezifisches Fachwissen voraussetzt. Die Seiltechniken unterscheiden sich teils stark vom Klettern und Hochwassersituationen stellen eine große Gefahr dar, wenn sie nicht richtig eingeschätzt werden und auch gruppendynamische Prozesse sind nicht zu unterschätzen.

Das Gefahrenpotenzial beim Canyoning kann jedoch durch vernünftige Tourenplanung, entsprechende Ausrüstung und gut ausgebildete Guides auf ein Minimum reduziert werden. Wir setzen die Tourenplanung daher immer kurzfristig an und stellen uns jeweils auf die Verhältnisse am Tag der Tour ein. Natürlich versuchen wir, Touren so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten bzw. an mehreren Tagen verschiedene Routen anzubieten. Wenn das Wetter nicht mitspielt oder z.B. Wasserstände in den Schluchten zu hoch sind, weichen wir aus Sicherheitsgründen kurzfristig auf alternative Touren aus.


Mutige vor! // Foto: Canyoning-Tour Allgäu



Ihr kommt mit vielen Menschen in Kontakt. Was sind die kuriosesten oder witzigsten Fragen, die Ihr gestellt bekommt?


Wir bekommen tatsächlich sehr viele Fragen gestellt und es sind auch immer wieder witzige Fragen dabei, wie beispielsweise: Wer hat die Schlucht gebaut? Sind die Steine immer da? In welche Richtung gehen wir? Wo ist das Boot, mit dem wir auf dem Fluss fahren? Manchmal fällt es uns schwer dabei ernst zu bleiben, aber am Ende beantworten wir jede Frage, denn es gibt keine falschen Fragen.



Eine starke Eigenschaft, toll! Ihr lebt, wo andere Urlaub machen. Segen oder Fluch?


Für mich ist es ein Privileg dort zu leben, wo andere Urlaub machen. Ich genieße jeden Tag die schöne Umgebung im Allgäu und kann von meiner Haustüre aus auf Berge steigen. Andere müssen dafür in den Urlaub fahren. Mich stört der starke Tourismus in den Ferien nicht, im Gegenteil, ich lebe ja davon.



Habt Ihr Wünsche für die Zukunft?


Mein Wunsch für die Zukunft ist, dass wir alle bald wieder ein halbwegs normales Leben ohne Pandemie führen und den Outdoor-Sport mit unseren Gästen wieder in vollen Zügen genießen können.


Ansonsten wünschen wir uns ganz viele zufriedene Gäste, die wir mit unserer Leidenschaft für Canyoning anstecken dürfen.



Lieber Thomas, danke für die spannenden Einblicke in Deinen „Alltag“. Wir wünschen Dir und dem gesamten Team einen tollen Sommer und nur super Touren!

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